Eine Anleitung für Aufsteiger – und solche die es werden wollen!

Also, Sie haben bereits einige Zeit in einer Firma verbracht, ohne so recht weiter zu kommen. Sie möchten aber gerne weiterkommen, doch leider fehlen ihnen die geistigen Voraussetzungen dafür. Was also tun? Ganz einfach! Kotzbrockens Kursus für Intriganten und Heimtückler befolgen!

In jedem Unternehmen gibt es einen Nummer 1, den Chef. Dafür sind sie wahrscheinlich noch zu jung. Also: Konzentrieren sie sich darauf, die Nummer 2 zu werden. In kleineren Unternehmen ist das der Stellvertreter des Chefs, in großen Unternehmen zumindest ein Spitzenjob im Management oder im entscheidenden Gremium.
Akzeptieren sie die Kotzbrockensche Technik der Intrige als kürzesten Weg zur Nummer 2. Vertraün Sie darauf: Wer nur auf Leistung sitzt, erstickt in Arbeit. Die Lorbeeren stauben die anderen ab. Die Strategie für eine wirklich erfolgreiche Intrige lautet so:
Für die Nummer 2 ist die Welt (noch) in Ordnung. Sein intaktes Familienleben ist die Basis für Lebensfreude und Durchsetzungsstärke in der Firma. Die Nummer 2 wird geachtet von Nummer 1, geschätzt von den Mitarbeitern, und außerdem macht ihm die Arbeit wirklich Spass. (Nicht mehr lange.)
Sie brauchen viel Information über die Nummer 2. Zeigen Sie keine Berührungsangst, freunden Sie sich an, am besten von „Familie zu Familie“. Nur feige Denunzianten haben Scheu vor dem Gegner.
Schlagen Sie der Nummer 2 ein Gruppenseminar zur Hebung des Betriebsklimas vor. Sie werden Staunen, was ein guter Trainer an Schwachstellen aus der 2 herauskitzelt.
Verwandeln Sie die häusliche Idylle, aus der Nummer 2 seine Kraft schöpft, allmählich in einen Hexenkessel. Das ist eine geheime Aktion, die Nummer 2 darf unter keinen Umständen irgendeinen Verdacht gegen Sie hegen! Bestellen Sie im Namen seiner Frau alles, was per Nachnahme bestellt werden kann; bestellen sie professionelle „Damen“ in seine Wohnung – natürlich nur, wenn seine Frau allein anwesend ist. Nach 14 Tagen glauben sich die Eheleute kein Wort mehr. Engagieren Sie eine Person (am besten die Großmutter), die in der Nachbarschaft von Nummer 2 gezielt Horrorgerüchte in Umlauf bringt: Im Supermarkt, im Tante-Emma-Laden an der Ecke, beim Friseur: „Schlägt Frau und Hund, ist schwer verschuldet, trinkt.“ Aber übertreiben Sie es nicht, auch nicht, wenns Spaß macht! Allzuviel Gerüchte wirken unglaubhaft.
Die eingetretene Irritation und Nervosität der Nummer 2 muß sich der Firma mitteilen. Simulieren Sie hysterische Anrufe der Ehefrau bei der Sekretärin von Nummer 2. Holen Sie eine Kreditauskunft bei Nummer 1 über die Nummer 2 ein: „Routine-Anfrage, reine Routine.“
Versuchen Sie den ersten Schritt aus der Deckung. Machen Sie sich zum Kumpel von Nummer 2: „Du schaust so schlecht aus, ist was?“ Heucheln Sie Verständnis und Mitgefühl, machen Sie etliche Nächte mit Nummer 2 in Kneipen und Bars durch, verschaffen sie ihm Alibis bei der Ehefrau, aber rufen sie heimlich während der Kneipentouren seine Frau an, und teilen sie ihr den wahren Aufenthaltsort ihres Mannes mit. Nach diesen durchzechten Nächten vergessen Sie nicht, gekonnt dezente Hinweise in der Firma zu verbreiten: „Toller Typ, trinkt für Drei, hält sich gut.“ Zeigen Sie der Nummer 2, wie sehr Sie ihn bewundern, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bietet: Loben Sie Nummer 2 vor versammelter Belegschaft – aber keinesfalls übertreiben! Sonst könnte man Sie für einen Schleimer halten, und Ihre Intrigen verkehren sich ins Gegenteil.
Nach etwa einem Monat beginnen Sie damit, die Beliebtheit von Nummer 2 zu untergraben. Deponieren Sie den Gehaltsstreifen von Nummer 2 gekonnt bei der gesprächigsten Klatschtante des Betriebes. Neid ist ein prachtvoller Verbündeter. Erzählen Sie ihr gleichzeitig unter vier Augen, daß die 2 geheime Bewertungslisten über die Leistung der Mitarbeiter führt, zur Not fälschen sie welche. Erkundigt sich die Klatschtante, ob ihr Name auch dort aufgeführt sei, dann ziehen Sie ihr mitleidigstes Gesicht, schauen die Dame barmherzig an, nuscheln „Na, na, nichts wird so heiß gegessen…“ und eilen entschuldigend von dannen. Sie können sicher sein, die Klatschtante wird fortan gegen die Nummer 2 alles nur erdenklich Schlechte im Betrieb verbreiten.
Provozieren Sie Kritik an den Menschenschinder, stacheln Sie ihre Kollegen an, sich gegen Nummer 2 zu wehren. Nutzen Sie gleichzeitig ihr Vertrauensverhältnis zu Nummer 2, und berichten Sie ihm von den aufmüpfigen Mitarbeitern.
Entschuldigen Sie bei den Mitarbeitern und dem Chef die schlechte Verfassung von Nummer 2, entschuldigen Sie das verschlechterte Betriebsklima und die Eheprobleme der 2, aber weisen Sie immer wieder darauf hin, daß „er ja im Grunde kein schlechter Kerl ist, er hat nur eine schlimme Phase…“ Jedermann wird Sie für einen aufrichtigen, ehrlichen Menschen halten, der selbst jetzt noch treu zur Nummer 2 steht. Aber verkneifen Sie sich ihr dümmliches Grinsen!
Zeit für das Risiko. Sprechen Sie mit der Nummer 1. Schwärmen Sie von der ehrgeizigen Zielen der Nummer 2, loben Sie ihn in schillerndsten Farben. lassen Sie dabei auch einfließen, „daß wir alles tun, um die derzeitige persönliche Krise der Nummer 2 zu beheben“, erwähnen sie, wie „alle in der Firma bemüht sind, weiteren Schaden zu verhindern.“ Auf die Frage von Nummer 1, wie Sie selbst sich fühlen, antworten Sie klar und energisch mit: „Ausgezeichnet!“
Der Keim des tiefen Misstrauens ist gesäht. Nummer 2 spürt es zwar, daß nichts mehr so ist wie früher, aber (noch) kommt er nicht auf den Gedanken, daß Sie, den er für seinen verbündetsten Mitarbeiter hält, der Urheber dieser Intrige sind.
Lassen Sie gezielt Arbeitsergebnisse verschwinden. Die Nummer 1 wird inzwischen felsenfest glauben, die Nummer 2 sei schuld. Kreiden Sie ihre eigenen Versäumnisse der Nummer 2 an. Die Nummer 2 wird allmählich merken, daß Sie keineswegs sein Freund sind. Womöglich wird die 2 Sie öffentlich attaktieren und der Intrige bezichtigen. Sagen Sie einfach: „Das ist nun der Dank! Habe ich Dich nicht immer und überall verteidigt?“ Jedermann im Betrieb ist entrüstet, und ihnen ist tiefste Zustimmung sicher. Jetzt hat die Nummer 2 auch noch den letzten Verbündeten verloren: Sie.
Nummer 2 ist kein Vollidiot, und tut das, was noch zu tun bleibt: Er kündigt. Und nun haben Sie es erreicht. Sie werden die neue Nummer 2. Geschafft!
Noch ein Tip: lernen Sie, ihre Furcht zu beherrschen! Über kurz oder lang wird es ihnen genau so ergehen wie ihrem bedauernswerten Vorgänger. Versuchen Sie niemals, diese Tricks bei mir, Kotzbrocken, anzubringen! Ich kenne nämlich noch einige weitere wirkungsvolle Tricks…!

Schreibe einen Kommentar